Der Tod ist immer und überall. Gerade wenn es nahe Verwandte oder Freunde trifft, schmerzt der Tod besonders. So sehr der Tod auch schmerzt, im Falle eines Ablebens müssen bestimmte Angelegenheiten erledigt werden.
Eine davon ist die Nachlassverwaltung.
Doch wie sieht es aus, wenn die verstorbene Person etwas Digitales vererbt. Gibt es überhaupt den digitalen Nachlass? Was muss ich dabei beachten? All das werden wir Ihnen in diesem Blogbeitrag erklären.
Wie wird ein Erbfall bearbeitet?
Bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, widmen wir uns erst einmal dem allgemeinen Erbfall und erklären, wie dieser bearbeitet wird. Die Erbschaft ist in Deutschland durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geregelt. Grundsätzlich gilt, dass die gesamte Erbschaft an einen oder mehrere Erben vererbt wird. Damit ist gemeint, dass alle Besitztümer, alle Verträge, alle vertraglichen Verpflichtungen und alle Verbindlichkeiten an den oder die Erben vererbt werden. Anders sieht es bei Nießbrauch- und Wohnrechten aus. Diese sind nicht vererbbar. Im BGB sind zudem die Erbreihenfolgen und die Verteilung des Erbes geregelt, wenn kein Testament vorhanden ist.
Stirbt der Erblasser nun, erhalten der oder die Erben entweder den Teil des Erbes der durch das BGB geregelt ist oder die Anteile, die der Verstorbene im Testament vorgegeben hat.
Was ist der digitale Nachlass?
Der digitale Nachlass ist wie der materielle Nachlass einer verstorbenen Person, jedoch im Internet. Dabei umfasst das digitale Erbe Daten von Kommunikationsdiensten und Messengern wie Snapchat, WhatsApp und Twitter, Kundenkontos bei möglichen Online Shops oder Streaming Plattformen, E-Book-Abonnements, Konten bei Onlinebanken oder sonstigen Bezahldiensten, Zugriffe auf Konten bei den sozialen Medien, wie Facebook, Instagram oder Google sowie die Nutzungsrechte von Softwares und Speicherplätze in Clouds.
All dies und noch vieles mehr erbt der Erbe von dem Verstorbenen. Neben diesen Sachen gehören auch die Rechte an Hardwares, Bilder, Blogs oder Foreneinträge dazu.
Rechtliche Grundlage
Allgemein gilt bei Erbschaften nach § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches, dass die gesamte Erbschaft auf einen oder mehrere Erben über geht. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2018 gilt dieses Recht auch bei Konten von sozialen Netzwerken. Somit hat der BGH die digitalen Nachlässe, den materiellen Nachlässen gleichgestellt. Des Weiteren greift zudem der postmortale Persönlichkeitsschutz, bei dem das Urheberrecht und das Recht am eigenen Bild weiterhin bestehen bleiben.
Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers und das Recht am eigenen Bild erlischt 10 Jahre nach dem Ableben der abgebildeten Person. Während dieser Zeit dürfen die Bilder und Werke nicht einfach von Dritten benutzt oder manipuliert werden.
Mögliche Verträge oder auch Rechnungen, die die verstorbene Person online getätigt hat, werden ebenfalls vererbt. Der Erbe übernimmt alle Rechte und Pflichten des Erblassers und ist somit verpflichtet, Rechnungen zu begleichen oder Waren, die verkauft wurden, zu verschicken.
Warum ist der digitale Nachlass jetzt so interessant?
Aufgrund des Internets und der zum Teil undurchsichtigen Rechtsprechung im Internet ist auch der digitale Nachlass undurchsichtig. Grund dafür, dass die Rechtsprechung für den digitalen Nachlass sich gebessert hat, ist ein tragischer Fall aus dem Jahre 2012, bei dem eine 15-Jährige in einem U-Bahnhof ums Leben gekommen ist. Die Eltern haben vermutet, dass das Mädchen Suizid begangen hat und wollten deswegen in dem Facebook-Profil des Mädchens nach Hinweisen suchen. Facebook hat das Konto des Mädchens jedoch schon in den sogenannten Gedenkzustand versetzt und damit jeden Zugriff auf das Konto verhindert.
Die Eltern der Verstorbenen zogen vor Gericht und beanspruchten einen Einblick in das Konto ihrer minderjährigen Tochter mit allem was dazu gehört, um Hinweise auf suizidale Gedanken zu finden. Mit dem Urteil des BGH von 2018 wurde der Familie Recht gegeben, da das Konto und alle Nachrichten, an die Erben, also die Eltern vererbt wurden. Das war der erste Schritt in Richtung Klarheit bei digitalen Nachlässen.
Facebook sträubt sich
Facebook wurde dazu verurteilt den Eltern den vollen Zugang zu dem Konto und zu allen vorhandenen Nachrichten zu gewähren. Anders als aus dem Urteil zu entnehmen, hat Facebook der Familie jedoch einen USB-Stick mit über 14.000 PDF-Seiten zukommen lassen, auf denen die Daten der Verstorbenen abgespeichert sind, welche kategorisch und chronologisch sortiert seien. Die Familie der Verstorbenen klagte erneut gegen Facebook, da die Verpflichtungen aus dem vorhergegangenen Urteil nicht erfüllt wurden.
Wieder kam der Fall bis zum BGH. Dieser entschied zugunsten der Familie und bestätigte das vorher abgelehnte Urteil des Landesgerichts. Der BGH urteilte, dass der Zugang zu dem Konto der Verstorbenen so vorhanden sein soll, wie die Verstorbene das Konto gesehen und benutzt hat. Die Familie darf innerhalb des Kontos, bis auf eine aktive Nutzung des Kontos, alles machen.
Fazit
Dieser Rechtsstreit hat das Thema digitaler Nachlass noch einmal komplett neu aufgeräumt. Viele Anbieter von Online Diensten haben sich zwar in den AGB mit Rechten und Pflichten der Nutzer zu Lebzeiten beschäftigt, nur die Wenigsten jedoch auch mit dem Umgang der Konten nach dem Tod des Nutzers. Auch die Rechtsprechung hängt in dieser Sache noch sehr weit hinterher.
Zwar gilt in Deutschland das Erbrecht nach BGB auch für digitale Güter, doch wird das bei der Zunahme der AGB sehr undurchsichtig und kompliziert. Hinzu kann auch die nationale Rechtsprechung der Länder kommen, in denen die Dienste ihre Server betreiben. Alles in Allem fehlt noch viel Klarheit für den Umgang mit dem Nachlass in der digitalen Welt.
In den nächsten Wochen erfahren Sie mehr über den digitalen Nachlass, welche Probleme dieser mit sich bringt und wie Sie Ihren Angehörigen die Verwaltung des digitalen Nachlasses erleichtern.
Ihr Agenturteam der Agentur Lenner Online Marketing